Home > Unternehmensberatungen & Verbände > Telekommunikationsbranche sucht Anschluss an digitale Kunden

(Quelle: geralt / pixabay)

A.T. Kearney-Studie prognostiziert entscheidende Marktveränderungen in den kommenden fünf Jahren: "Zwischen den ambitionierten Strategien der Telekommunikationsanbieter bei digitalen Services und Kundeninteraktionen und der Realität klafft eine große Lücke", meint Dr. Florian Dickgreber, Partner der Unternehmensberatung A.T. Kearney.

Er beruft sich dabei auf die Ergebnisse der A.T. Kearney Studie "Next Gen: Succeeding with the Digital Consumer", die anlässlich des Mobile World Congress 2018 vorgestellt wurde. Sie hat mehr als 60 Vorstände von Telekommunikationsunternehmen aus Europa, dem Mittleren Osten und Russland befragt und dabei auch die unternehmerischen Voraussetzungen beleuchtet.

"So wollen 55 Prozent der Befragten ihre Geschäftsmodelle hin zur Rolle des digitalen Navigators entwickeln, der neben einem Premiumnetz auch Höchstqualität für digitale Services und Inhalte anbietet", fasst Dickgreber die Ergebnisse der Untersuchung zusammen: "Doch in der Umsetzung kämpfen sie mit Silostrukturen und Ineffizienz bei der Nutzung von Echtzeitdaten. Auffallend ist, dass ihr Produktmanagement und ihre Kundeninteraktionen noch nicht auf die neue Strategie ausgerichtet sind."

Der "digitale Navigator" steht für ein Premiumnetz und exzellente Qualität bei digitalen Services und Inhalten, die über Dritte bereitgestellt werden. Weitere 32 Prozent zielen auf die Position des "Premium Players" für Kunden, die bereit sind, einen hohen Preis für nahtlose und integrierte Netzanbindung zu bezahlen. Neun Prozent verstehen sich als "Datenanbieter", was für qualitätsvolle Netzverbindungen zu sehr niedrigen Preisen steht. Nur vier Prozent der Befragten sehen ihr Unternehmen als reine Netzanbieter.

Die nächsten fünf Jahre werden nach Ansicht der befragten Vorstände entscheidende Marktveränderungen mit sich bringen. Umsatzquellen wie digitale Services, TV- und Finanzdienstleistungen sind in ihren Augen die Umsatzquellen der Zukunft, Netzverbindungen und Hardware werden dagegen einen Rückgang erleben.

Im Schnitt gehen sie davon aus, dass reine Netzverbindungen, die heute 71 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen, auf einen Umsatzanteil von 59 Prozent sinken werden. Der Umsatzbeitrag mit digitalen Services werde dagegen von heute lediglich sieben Prozent Umsatzanteil auf 14 Prozent steigen, TV von neun auf 13 Prozent. Für den Umsatz mit Hardware wird zugleich ein Rückgang vorhergesagt (von elf auf neun Prozent Anteil am Gesamtumsatz). Dennoch sei ein weiteres Angebot an Hardware und Netzverbindungen unerlässlich, um die Positionierung der Telekommunikationsunternehmen den Märkten von Smart Home, Unterhaltung und Sicherheit zu festigen.

Die befragten Telekommunikationsunternehmen sehen es zur Erreichung ihrer strategischen Ziele als notwendig, an, ihre Geschäftsmodelle umzubauen. Beim Produktmanagement sei ihre Top-Priorität, die Kundendaten besser zu nutzen. Obwohl sie eine umfassende Datenlage über ihre Kunden haben, scheitern die meisten doch daran, sie effektiv zu nutzen. Die befragten CMOs und COOs sehen darüber hinaus auch die Notwendigkeit, ihre Tarifstrukturen zu vereinfachen, Handset- und Service-Verträge zu entflechten und sie für Kunden flexibler zu machen. Konsens herrscht auch bei mobilen Apps, die zum wichtigsten Kundenservice-Kanal geworden sind, doch sukzessive durch Sprachdialogsysteme mit künstlicher Intelligenz ersetzt werden.

Doch die Ressourcen-Priorisierung der Telekommunikationsunternehmen, so kommentiert Dickgreber weitere Ergebnisse der Studie, entsprechen nicht eindeutig ihren Zielen, mehr digitale Services zu verkaufen und die Kundeninteraktionen zu digitalisieren: So sei das Produktmanagement in erster Linie mit der Reduktion von Produktkomplexität beschäftigt als mit der Entwicklung neuer Produkte oder der Vermarktung von TV-Inhalten. Und der Einsatz neuer Chatbot-Technologien und die Verknüpfung des Online Shops mit dem physischen Point of Sales stünden in der internen Priorisierung in der Regel hinter dem Management der altgedienten Kanäle zurück. Die Studie von A.T. Kearney zeigt darüber hinaus, dass die Telekommunikationsunternehmen, die digitale Navigatoren werden wollen, ihre Strategie zu langsam umsetzen und noch stärker an einer adäquaten Unternehmenskultur arbeiten müssen. Die Interviewten sprechen von einem Mangel an Kompetenzen und Fähigkeiten in ihrem Haus als wesentliche Herausforderung bei der Umsetzung.

"Angesichts der drohenden stärkeren Konkurrenz durch internetbasierte Service-Provider müssen die Telekommunikationsunternehmen sich im hart umkämpften Markt klar positionieren. Es kommt jetzt darauf an, dass sie zügig effektive Prozesse für die Verwendung von Echtzeit-Kundendaten aufbauen und ihre Silostrukturen durch funktionsübergreifende Teams ersetzen", kommentiert Dickgreber: "Die Branche steht vor einem Paradigmenwechsel und sie muss sich jetzt entscheiden, wie sie ihre Kunden auch in Zukunft mit attraktiven Angeboten binden will."

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