Home > IT & Telekommunikation > MEDIENTAGE: Marken müssen denken wie Medien

Smart TV ist in den Wohnzimmern angekommen - das ist keine Frage mehr auf dem zweiten MEDIENTAGE Special zum Thema Smart TV. Wie eine aktuelle gfu-Studie zeigt, besitzen 42 Prozent der deutschen Haushalte smarte TV-Geräte, 88 Prozent davon sind an das Internet angeschlossen. Die Fragestellungen, die am 21. Juli beim MEDIENTAGE Special "The Smart World of Connected TV" im Haus der Bayerischen Wirtschaft diskutiert wurden, waren also andere.

Im Zentrum der Kooperationsveranstaltung der Medientage München GmbH und der MEKmedia GmbH standen Trends und Entwicklungen in sämtlichen Bereichen des smarten Fernsehens: Neue Hardware, veränderte Strukturen innerhalb von Redaktionen oder sich wandelnde Marketing-Methoden.

"Es geht darum, starke digitale Angebote zu schaffen, die die Position der TV-Konzerne auch in einer sich schnell ändernden Bewegtbild-Welt absichern", betonte Siegfried Schneider, der Präsident der BLM, in seinem Grußwort und warf die Frage auf, ob sich der Medienmarkt im Anfangsstadium eines größeren Umbruchs befinde, bei dem die Digitalisierung völlig neue Strukturen hervorbringt.

Der Einblick, den Chief Distribution Officer Nicole Agudo Berbel hinter die Kulissen von ProSiebenSat1 Media gab, bejahte dies: "Die Verbindung des klassischen Fernsehens und der neuen Welt wird für uns immer wichtiger. Die Marketingabteilungen stehen in intensivem Austausch mit Fernsehabteilung, Digitalabteilung und Social Media-Abteilung. Klare Trennungen gibt es nicht mehr." Wie positiv sich diese Überlagerungen der Redaktionen auswirken, zeigen Zahlen: So sei etwa die Sendung "Germany's next Topmodel" über alle Kanäle gespielt worden und habe einen Marktanteil von 17 Prozent eingebracht.

Von den 56 Prozent im deutschsprachigen Raum, die ihren Smart TV nutzen, gehört der größte Teil zur jungen Zielgruppe zwischen 14 und 29, gab Michi Frank, CEO der Goldbach Group, in seiner Keynote an. Am meisten werden die smarten Geräte aktuell von jungen Männern genutzt. Alexander Dehmel, Account Manager CE beim Marktforschungsunternehmen Gfk ergänzte, dass Smart TV seit 2016 überproportional auch an weiblichen Nutzern und Nutzern der Generation 50+ gewonnen habe. Smart TV etabliert sich also soziodemografisch. Einen Grund für den hohen Anstieg der Smart TV-Nutzung sieht er in der Tatsache, dass die Geräte mittlerweile viel nutzerfreundlicher seien. "Sobald etwas verständlich ist, nutzt der Kunde es auch."

Worauf es nun ankommt, sind Inhalte. "Inhalte sind das Salz in der Suppe", betonte Mike Henkelmann, Marketing Director TV & AV bei Samsung Electronics. Dass diese Devise auch für TV Apps zählt, um ihnen Relevanz und Sichtbarkeit zu geben, darüber waren sich die Gäste im Haus der Bayerischen Wirtschaft einig. Wie solche Inhalte aussehen können, überlegen sowohl große Player wie Samsung, als auch Unternehmen, von denen man es vielleicht nicht sofort erwartet, wie die Volksbanken und Raiffeisenbanken.

Dass wirklich jede Marke - vom Küchengerätehersteller bis zur Bank - Inhalte für eine TV App haben kann, zeigen vier Best Cases auf dem MEDIENTAGE Special.

"Wir müssen Sachen ausprobieren um herauszufinden, ob sie funktionieren! Vielleicht eignen sich Banken ja nicht für TV-Apps - aber das wissen wir erst, wenn wir es auch probiert haben", plädierte Marc Weegen, Leiter Markenkommunikation des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, an den Mut und die Experimentierfreudigkeit von Unternehmen. Er stellte eine App der Volksbanken und Raiffeisenbanken vor, die Nutzer durch Eingabe der Postleitzahl lokalisiert und regionale Inhalte spielt. Zudem wollen die Volks- und Raiffeisenbanken Kunden die Möglichkeit geben, mithilfe einer Beratungs-App ihre Fragen direkt von der Couch aus zu stellen.

Oliver Kahns App "Goalplay", die auf dem Samsung Smart Hub läuft, wurde von Geschäftsführer Moritz Mattes präsentiert. Mit der App will der ehemalige Torhüter zum Beispiel Trainingsinhalte visualisieren oder Tore analysieren und so Torhüter ausbilden - Wissensvermittlung zur Stärkung der eigenen Marke.

Der Foodsender BonGusto von Burda Studios und die TV-App des Hausgeräteherstellers Neff zeigten, wie Marken mit kreativen, individuellen und hilfreichen Inhalten rund um das Thema Essen und Genuss ihre Kunden ansprechen und binden können. Denn, erklärte Malte Hildebrandt: "Marken müssen denken wie Medien" und für eine Vielfalt von Plattformen gute Inhalte generieren. Ein gelungenes Beispiel hierfür zeigte Wolfgang Rother mit AUDI Media TV. Das Unternehmen nutzt mobile Plattformen wie TV Apps, um qualitativ hochwertigen Content aus der AUDI-Welt zu zeigen - Reportagen, Liveevents oder Pressekonferenzen etwa: "Wir sind plötzlich beim Kunden im Wohnzimmer."

Nah am Kunden zu sein und ihn auf dem Smart TV direkt anzusprechen, ist eine der neuen Herausforderungen: Die neue Währung für Marken sei keine Netto-Reichweite mehr, sondern "Time spent with a brand", gab Peter Christmann, CEO von Goldbach Germany, an. Moderne Marken brauchen deshalb Content Strategien, um Kunden langfristig zu begleiten. Wichtig sei vor allem, Mobile, TV Spots und Smart TV ineinander greifen zu lassen - etwa über die Content-Klick-Option. Aus der App kann ein Video konsumiert und dann direkt auf die Produktseite verlinkt werden. Für Wrobel, Head of Appstore Germany, Amazon, absolut zukunftsträchtig: "Das Ziel muss sein: Ich gucke GZSZ und kaufe mir direkt das graue Sacko, das der Hauptdarsteller trägt."

Eine weitere Herausforderung für App-Hersteller sei die Personalisierung von Inhalten, so Jürgen Sewcyk, Leiter der AG Smart Media der Deutschen TV Plattform / Eutelsat. Die ARD probiere sich hier bereits aus, erzählte Heidi Schmidt, Leiterin ARD Online und ARD Onlinekoordination. Und Dr. André Schneider, Partner bei der PULSAR Consulting Group, gab an, dass Recommendation Engines technisch bereits auf dem Markt seien, jedoch entsprechende Metadaten bräuchten. Hier seien deutsche Nutzer allerdings skeptisch, erklärte Ulrike Kuhlmann, leitende Redakteurin des c't magazin. "Das Wohnzimmer ist intime Privatsphäre, man will unbeobachtet sein. Zwar kennt man das alles schon von Smartphone und PC. Beim Fernseher ist die Hemmschwelle höher."

Dr. Stefan Arbanowski, Leiter des Bereichs Future Applications and Media (FAME), Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS, betonte die Chancen, die sich durch die Aggregation der Daten ergeben würden: "Junge Leute verbringen mehr Zeit vorm Fernseher, weil sie Dinge empfohlen bekommen, die ihnen gefallen. Da ergeben sich Businessmodelle, die man noch gar nicht abschätzen kann." Zentral sei das Zusammenwachsen von künstlicher Intelligenz und Redaktionen, so Dr. André Schneider, PULSAR: "Der Algorithmus wird zum Kollegen von Redakteuren, um den Nutzern Empfehlungssysteme bieten zu können, die auf sie zugeschnitten sind."

Das MEDIENTAGE Special zum Thema Smart TV fand am 21. Juli 2017 zum zweiten Mal statt und gehört zur Serie der MEDIENTAGE Special Veranstaltungen, die sich traditionell mit aktuellen Schwerpunkt-Themen der Medienbranche befasst und diese als Satelliten-Veranstaltung der MEDIENTAGE MÜNCHEN vertiefend diskutiert. Die 31. MEDIENTAGE MÜNCHEN finden vom 24. bis 26. Oktober 2017 unter dem Motto "Media, Trust, Machines - Vertrauen in der neuen Mediengesellschaft" im ICM der Messe München statt.

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