Home > IT & Telekommunikation > VATM und DIALOG CONSULT stellen Studie zum deutschen Telekommunikationsmarkt 2017 vor

Die Telekommunikationsanbieter werden in diesem Jahr weniger erlösen als in 2016. Der Gesamtumsatz mit TK-Diensten in Deutschland wird 2017 voraussichtlich von 59,7 Milliarden Euro um 1,5 Prozent auf 58,8 Milliarden Euro sinken. „Der Mobilfunkmarkt nimmt bedingt durch regulatorische Effekte wie zum Beispiel Senkungen der Entgelte für die nationale Terminierung oder EU-Roaming ab. Die Festnetzumsätze gehen aufgrund starker Wettbewerbsintensität und sinkender Verbraucherpreise zurück“, sagte Prof. Dr. Torsten J. Gerpott, Gesellschafter der Unternehmensberatung DIALOG CONSULT GmbH und Inhaber des Lehrstuhls für TK-Wirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. Der TK-Experte stellte heute die Ergebnisse der 19. gemeinsamen TK-Marktstudie von DIALOG CONSULT und VATM in Düsseldorf vor. Der wachsende Markt der Kabelnetzbetreiber mit 5,5 Milliarden Euro (+0,2 Milliarden Euro) und einem Plus von 3,8 Prozent kann den Umsatzrückgang des Gesamtmarktes nicht auffangen.

Insgesamt ist der Festnetzmarkt 32,6 Milliarden Euro (2016: 33,0 Milliarden Euro) schwer, die Mobilfunkumsätze sinken um 1,9 Prozent von 26,7 auf 26,2 Milliarden Euro. Von den Mobilfunkumsätzen entfallen 18,2 Milliarden Euro (-2,7 Prozent) auf die Wettbewerber und wie im Vorjahr acht Milliarden Euro auf die Telekom. Während der Umsatz bei den Telekommunikations-Wettbewerbern im Festnetz um 0,4 Milliarden auf 13,5 Milliarden Euro zurückgeht, werden es bei der Telekom mit 13,6 Milliarden Euro rund 0,2 Milliarden weniger sein als im Vorjahr.

„Durch Vectoring hat sich die Situation weiter verschärft. Bei Wettbewerbsunternehmen, die dadurch auf Bitstrom-Angebote umgestiegen sind, nimmt die Abhängigkeit von der Telekom zu und ihre Wertschöpfung ab“, erläutert Prof. Gerpott. Bei Zugängen auf Basis eines virtuellen Bitstrom-Zugangs fließen pro Euro Umsatz direkt rund zwei Drittel an die Telekom Deutschland.

Trotz gesunkener Umsätze in der Branche erreichen die Investitionen in Sachanlagen dieses Jahr 7,9 Milliarden Euro. Das sind rund 0,3 Milliarden Euro weniger als in 2016. Die Wettbewerber tragen weiterhin fast die Hälfte des Investments. Seit der Marktliberalisierung haben sie rund 74 Milliarden Euro investiert, die Telekom 69 Milliarden Euro. 

Die Zahl der Festnetz-Breitbandanschlüsse steigt in diesem Jahr erneut: Sie nimmt um rund 1 Million auf 33,0 Millionen zu (+3,1 Prozent). Etwa 3,1 Millionen Haushalte (+ 530.000) werden Ende 2017 an Glasfasernetze mindestens bis zum Gebäudekeller (FTTB/FTTH) angeschlossen sein – ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Haushalte, die diesen Anschluss auch buchen, legt insgesamt im Vergleich zum Vorjahr um fast 17 Prozent auf 880.000 zu. Neun von zehn Haushalten, die Ende 2017 einem FTTB/H-Anschluss nutzen, beziehen diese nicht von der Telekom, sondern von einem alternativen Carrier. Die Wettbewerber bauen drei Viertel der Glasfaseranschlüsse bis zum Gebäude (FTTB) oder in die Wohnung (FTTH) in Deutschland. „Die Wettbewerber haben mehr Kunden, die auch tatsächlich den Glasfaseranschluss gebucht haben, als die Telekom insgesamt überhaupt Anschlüsse verlegt hat“, so TK-Experte Prof. Gerpott. Aus Sicht des Studienautors wird es unabhängig von Regulierung durch den Wettbewerbsdruck einen merklichen Ausbau des FTTB/FTTH-Angebots der Telekom Deutschland geben. 

Die Kunden wollen mehr Geschwindigkeit. Der Anteil der nachgefragten Festnetzanschlüsse mit mindestens 50 Mbit/s Downstream-Bandbreite wird 2017 auf 28,2 Prozent zulegen. Der Datenhunger in Deutschland nimmt weiter rapide zu: In 2017 übertragen die Nutzer hierzulande im Festnetz 30,8 Milliarden Gigabyte – das bedeutet eine Steigerung von fast 40 Prozent. Über mobile Anschlüsse werden in diesem Jahr 1.350 Millionen Gigabyte in Mobilfunknetzen verschickt oder heruntergeladen. Das ist fast die Hälfte mehr als im Vorjahr (902 Millionen GB). 2017 werden die Datendienste mit 13,2 Milliarden Euro erstmals die Hälfte (50,4 Prozent) der Mobilfunk-Umsätze ausmachen.

Trotz der Verbreitung von Sprach-Flatrates wird erneut weniger telefoniert. In diesem Jahr sind es insgesamt 914 Millionen Minuten täglich (-6 Millionen Minuten pro Tag). Im Festnetz sinkt die Zahl der Gesprächsminuten deutlicher von 360 auf 345 Millionen pro Tag als im Mobilfunknetz mit „nur“ einer Million Minuten auf 309 Millionen Minuten pro Tag. Software-basierte Telefonie-Anwendungen, wie u. a. Skype und WhatsApp, gewinnen insgesamt weiter an Bedeutung (+4 Prozent; 260 Millionen Minuten täglich). Prof. Gerpott erläuterte: „Die Nutzung von OTT-Verbindungen nimmt weiter zu, da die dazu erforderliche Software – die Apps – immer benutzerfreundlicher wird und wichtige Zusatzfunktionen bietet.“

VATM-Präsident Martin Witt bezieht zur heute vorgestellten Marktstudie wie folgt Stellung: „Die Telekom dominiert weiterhin den deutschen Festnetz-Markt. 75 Prozent aller Anschlüsse werden physikalisch auf dem Netz des Ex-Monopolisten bereitgestellt. Die Vectoring-Entscheidung zugunsten der Telekom hat wie befürchtet die Abhängigkeit der Wettbewerber von Vorprodukten der Telekom sogar noch erhöht.“ Das zeige einmal mehr, wie wichtig ein kluger Regulierungsrahmen für die Zukunft des Standortes Deutschland sei. „Eine Marktmachtübertragung von Telekom-Vectoring auf FTTB/H ist absehbar. Die Telekom wird dort, wo der Wettbewerb sie zum Ausbau mit echten Glasfaseranschlüssen treibt, alles daran setzen, ihre dominante Marktposition zu verteidigen. Regulierung mit Augenmaß muss eine Remonopolisierung verhindern“, unterstreicht Witt.

Die Entwicklungen in Brüssel sind aus Sicht des VATM beunruhigend. Der Verband hält es für völlig inakzeptabel, dass von Seiten der Bundesregierung Regulierungsferien zugunsten der Telekom gefordert werden. „Aufgrund der völlig unzureichenden Wettbewerbssicherung wäre es nicht mehr möglich, einen großen Teil der Wirtschaft mit konkurrenzfähigen Angeboten zu versorgen“, warnt der VATM-Präsident. „Deutschlands Wirtschaft braucht in Zukunft nicht nur die besten Netze, sondern auch die besten Dienste auf den Netzen. Abschottung und neue Monopole wären fatal auf dem Weg in die Gigabit-Gesellschaft. Wettbewerbspolitik ist Standort- und Verbraucherpolitik“, unterstreicht Witt. 

Aus Sicht des VATM kann ein Regulierungsabbau erst dann angegangen werden, wenn ein diskriminierungsfreier Zugang (Open Access) zu marktüblichen Preisen mit den Marktteilnehmern vereinbart worden ist und die Einhaltung wirksam kontrolliert werden kann. „Die Bundesnetzagentur muss weiterhin als starker Schiedsrichter bereitstehen“, so Witt. Wettbewerb sei und bleibe der Treiber des FTTB/H-Ausbaus. „Und gerade in jüngster Zeit gab es sowohl von den Wettbewerbern als auch der Telekom Ankündigungen für Ausbauprojekte“, sagt der VATM-Präsident. Der Verband setze, um den weiteren Ausbau zu stimulieren, auch auf freiwillige partnerschaftliche Kooperationen auf Augenhöhe. 

An die zukünftige Regierung gerichtet bekräftigt Witt: „Der VATM fordert ein klares Bekenntnis zur Gigabit-Gesellschaft mit einem Planungshorizont bis 2025!“ Die Glasfaserinfrastrukturen für Festnetz und 5G-Mobilfunk müssten konsistent aufgebaut werden. „Die staatliche Förderung darf zukünftig nur auf FTTB/H ausgerichtet sein“, betont er. Eigenwirtschaftlicher Ausbau müsse Vorrang haben. „Voucher und Steuerermäßigungen für die Endkunden können zudem auf der anderen Seite die Nachfrage steigern“,  so der VATM-Präsident.

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