Software kann auf ganz unterschiedliche Weise überzeugen – durch eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit, eine neuartige Funktionsweise oder durch eine moderne Oberfläche. Gerade bei der Konzeption und Gestaltung einer Software treten Informatiker aber selten in einer aktiven Gestaltungsrolle auf. Das Problem fängt in der Ausbildung an: 95 Prozent der Informatik-Studiengänge legen den Fokus allein auf die technologische Kompetenz der Nachwuchskräfte und kommen ohne Gestaltungsanteil aus. Nur bei 5 Prozent der Studiengänge spielen Gestaltungsdisziplinen wie Computervisualistik, Multimedia oder Usability eine Rolle im Lehrplan. Dabei kann die Kombination von Informatik und Design viel bewirken. „Software ist das zentrale Element der Digitalisierung und muss ganzheitlich gedacht werden: Entwickler allein als Umsetzer der Technik zu sehen, ist nicht mehr zeitgemäß. Sie sind die Architekten komplexer Systeme und müssen damit stärker in die Gestaltung von Software involviert werden“, sagt Dr. Frank Termer, Bereichsleiter Software beim Digitalverband Bitkom. „Wenn die Softwareentwicklung im Zuge der Digitalen Transformation ihr volles Potenzial ausschöpfen will, muss der Gestaltungskompetenz in der IT-Ausbildung mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Technologische Kompetenz allein reicht nicht mehr aus.“
Der neue Bitkom-Leitfaden „Rollenideal »Digital Design«“ will zu einem Umdenken in der Softwareentwicklung anregen und ist in Zusammenarbeit mit zahlreichen Unternehmen, Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung sowie der interessierten Öffentlichkeit entstanden. Der Leitfaden richtet sich an Softwareentwickler und will diese bestärken, größer zu denken und sich nicht mehr nur als Umsetzer sondern auch Gestalter von Software wahrzunehmen. Er richtet sich aber auch an Universitäten und Hochschulen und möchte zu einem Umdenken in der Informatik-Ausbildung anregen und zu einem Dialog einladen. In den ersten Kapiteln wird der Status Quo skizziert und die aktuelle Ausbildungslage im Software Engineering im Hinblick auf die Gestaltungskompetenz betrachtet. Anschließend werden Impulse für das Zusammenspiel von IT und Design gegeben. Mittlerweile wird Software nicht mehr nur mittels klassischer Vorgehensmodelle sondern auch mit Hilfe agiler Ansätze und zunehmend in cross-funktionalen Teams entwickelt. Um nachhaltig erfolgreiche Produkte, Systeme und Dienstleistungen zu schaffen, stellt der Leitfaden dann das Rollenideal des Digital Designers vor, der in enger Abstimmung mit Software Ingenieuren und Software Managern arbeitet. Das Kompetenzprofil des Digital Designers besteht aus den zwei Schwerpunkten Gestaltung und Materialkunde, das besonders viele technische Aspekte enthält. Aber auch weitere wichtige Querschnittskompetenzen des Digital Designers wie etwa das Management von Entwicklungsvorhaben oder psychologische Grundlagen zur Realisierung von Software werden bedacht. „In der IT gibt es ein breites Tätigkeitsspektrum, das unterschiedliche Talente und Fähigkeiten erfordert. Wir müssen eine Ausgewogenheit zwischen Digital Designern, Software Ingenieuren und Software Managern erreichen, um optimale Ergebnisse zu erzielen“, so Termer. „Nur in der Verbindung von technologischer und gestalterischer Kompetenz lassen sich in Zukunft wirtschaftlich tragfähige und erfolgreiche Produkte, Dienstleistungen und Services entwickeln.“