(Quelle: McKinsey)
54% der Autokäufer sind überzeugt: Künstliche Intelligenz (KI) wird in den kommenden Jahren die Mobilität von Grund auf verändern. Nur jeder vierte hält den Einzug der neuen Technologien für ein Risiko; fast die Hälfte (47%) hätte keine Bedenken, die eigene Familie einem von KI gesteuerten selbstfahrenden Auto anzuvertrauen. 70% aller befragten Kunden sind dafür, dass vollautonomes Fahren so schnell wie möglich auf den Straßen erlaubt sein sollte.
Automobilindustrie und Technologiekonzerne rüsten sich weltweit für die Neuerungen: Seit 2010 haben sie insgesamt 51,1 Mrd. US-Dollar in Übernahmen rund um KI investiert; zwei Drittel davon (33,5 Mrd. US-Dollar) ins autonome Fahren, weitere 13,6 Mrd. in das Kundenerlebnis beim Fahren (Infotainment, Konnektivität, Sprach- und Gestenerkennung). Dies sind zentrale Ergebnisse der neuen Studie "Smart moves required - the road towards artificial intelligence in mobility". Für die Analyse hat McKinsey & Company mehr als 3.000 Konsumenten in Deutschland, den USA und China befragt, Branchenexperten interviewt und die Investments untersucht. Als KI wurden hierbei in erster Linie lernende Systeme (machine learning) verstanden, mit denen Anwendungen im Fahrzeug verbessert oder überhaupt geschaffen werden.
"Auffällig ist, dass die Verbraucher wesentlich aufgeschlossener für neue Technologien sind, als vielfach vermutet", berichtet Matthias Kässer, McKinsey-Partner in München und einer der Autoren der Studie. Nur 25% glauben, die Risiken überwögen die Chancen der neuen Technologie. Und für 65% der Befragten ist KI im Auto so wichtig, dass sie bereit wären die Marke zu wechseln, um ein besseres Angebot an autonomem Fahren zu bekommen. Kässer: "Das zeigt, wie wichtig das Thema für die künftige Wettbewerbsposition eines jeden Herstellers ist. Die Kunden haben hohe Erwartungen."
Chinesen weniger besorgt als Amerikaner und Deutsche
Das Vertrauen in neue Technologien ist nicht bei allen Verbrauchern gleich ausgeprägt. Die Umfrage zeigt: Im Durchschnitt über alle Befragten hätten 47% keine Bedenken, ihre Familie in einem vollautonomen Wagen fahren zu lassen. Die regionalen Unterschiede sind aber erheblich: 73% der Chinesen trauen der KI im Auto, 37% der US-Amerikaner und nur 30% der Deutschen. Eine weitere interessante Unterscheidung: Weltweit vertrauen jüngere Konsumenten unter 30 der Technologie eher (59%) als ältere über 50 (28%) - und städtische Autofahrer wiederum mehr (62%) als die im ländlichen Raum (28%). McKinsey-Experte Kässer: "Kunden erwarten vom verstärkten Einsatz der künstlichen Intelligenz im Auto ein Plus an Komfort. Mit diesem Argument können die Hersteller punkten und sich von anderen differenzieren."
Die klassischen Hersteller sind bei diesem Wettlauf in einer guten Ausgangsposition. Sie profitieren von ihrer starken Reputation: 57% der Konsumenten weltweit (53% in Deutschland) trauen ihnen am ehesten die Führungsrolle im Entwickeln neuer AI-Anwendungen zu. Im Vergleich: 28% (in Deutschland 36%) setzen auf neuere Autohersteller und 15% (in Deutschland 11%) auf ursprünglich branchenfremde Technologieanbieter. Weltweit würden auch 73% der Fahrer einem vollautonomen Auto aus dem Hause eines klassischen Herstellers mehr trauen als den Angeboten junger oder branchenfremder Unternehmen.
Damit die Anbieter die neuen Chancen, die sich durch AI bieten, bestmöglich nutzen, sollten sie sich McKinsey zufolge auf fünf Aufgaben konzentrieren.
- Schwerpunkte setzen: "Die Entwicklungskraft des Unternehmens auf die für Kunden entscheidenden Anwendungsfelder fokussieren, nicht in zu vielen Projekten verzetteln", rät Andreas Cornet, Seniorpartner in München und Leiter der deutschen Automobilberatung bei McKinsey. Vor allem die gefragten Applikationen, in denen der Hersteller eine gute Wettbewerbsposition erreichen kann, werden zur Ertragslage beisteuern.
- Daten nutzen: Die Analyse von Daten liefert nur dann den maximalen Nutzen, wenn möglichst alle relevanten Datenpunkte systematisch erfasst werden. Nur so lassen sich lernende Algorithmen entwickeln.
- Standards definieren: Eine branchenweite Entwicklung von Standards in Absprache mit den staatlichen Regulatoren ist eine Erfolgsvoraussetzung, um das volle Potenzial zu erreichen.
- Partnerschaften eingehen: "Lernende Systeme für Fahrzeuge sind eine so komplexe Aufgabe, dass ein Anbieter das kaum alleine bewältigen kann. Zusammen mit Technologiepartnern, Zulieferern und Kunden sollte ein Hersteller zu einem wirtschaftlichen Ökosystem gehören, das Ressourcen und Talente poolt, um schneller zum Ziel zu kommen", so Andreas Tschiesner, Leiter der europäischen Automobilberatung bei McKinsey.
- Geschäftsmodelle entwickeln: An der Nahtstelle zwischen klassischem Fahrzeugbau und KI-basierten Anwendungen entstehen neue Geschäftsmodelle. Hersteller sollten überprüfen, in welchen Bereichen sie sich engagieren wollen und diese Entscheidung immer wieder anpassen. Matthias Kässer: "Das Thema verändert sich so rasant, dass sich neue Geschäftsmodelle am besten frühzeitig Schritt für Schritt entwickeln lassen."
An KI-Anwendungen für Autos arbeiten nach McKinsey-Analyse weltweit mehr als 500 Unternehmen. Seit 2010 wurden 51,1 Mrd. US-Dollar in die Forschung investiert. Das Tempo erhöht sich: Seit 2014 hat sich das Volumen der Investments gegenüber den vier Jahren davor vervierfacht.