Home > Mobilität > Die Mensch-Maschine

Der Mensch ist auf Maschinen angewiesen. Die Maschinen brauchen aber auch (noch) den Menschen. Damit es zu einer funktionierenden Zusammenarbeit kommt sind daher Schnittstellen nötig. Mensch und Maschine müssen miteinander kommunizieren können. Vor allem beim automatisierten Fahren stellt dies eine große Herausforderung dar.  

Die Situation kennt wohl jeder: Man ist in fremder Umgebung, beispielsweise in einem Hotelzimmer und sucht in völliger Dunkelheit den Lichtschalter. Dies kann mitunter schon einmal etwas länger dauern wenn der Schalter nicht selbst beleuchtet ist. Im Grunde ist dies eine Schnittstellenproblematik zwischen Mensch und Maschine. Denn damit die Lampe angeht braucht es einen Lichtschalter als Verbindung zwischen dem menschlichen Handeln und der Maschine. Auch beim automatisierten Fahren sind Schnittstellen zwischen Fahrer und Fahrzeug nötig. Nur sollte hier das Zusammenfinden von Mensch und Automobil nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen wie es bei der Suche nach dem genannten Lichtschalter der Fall ist.

Das Thema ist komplex und Technologieunternehmen unterhalten seit Jahren eigene Abteilungen für die Forschung in diesem Feld. In diesen Abteilungen arbeiten Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen: Maschinenbauer, Elektroniker, Psychologen, Designer und Mediziner. „Bei der Entwicklung zum vollautomatisierten Fahren ist unsere größte Herausforderung der Rollenwechsel des Fahrers und die daraus resultierenden neuen Bedürfnisse und Anforderungen“, erklärt Dr. Karsten Michels, Leiter System- und Vorentwicklung der Division Interior bei Continental. Diese muss schnell und reibungslos ablaufen, da im Straßenverkehr Sekunden über Leben und Tod entscheiden können. In Versuchsreihen wurde herausgefunden, dass ein haptisch und visuell abgelenkter Fahrer, beispielsweise durch die Bedienung eines Smartphones, bis zu 8,8 Sekunden braucht um wieder die vollständige Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen. Bei voller Fahrt auf der Autobahn sind fast neun Sekunden eine Ewigkeit, in der viele Meter zurückgelegt werden.

Doch zunächst einmal gilt es zu unterscheiden zwischen der kontrollierten und der situativen Übergabe. Wenn sich das Fahrzeug am Ende einer Autobahnfahrt sich der gewünschten Ausfahrt nähert und ab dann wieder der Fahrer das Steuer übernehmen soll, gibt es genügend Zeit um den Wechsel kontrolliert ablaufen zu lassen. Hier gibt es mehrstufige Übergabeszenarien, die mit visuellen und akustischen Signalen den Fahrer auf die Rückholungsphase vorbereiten. Soviel Zeit bleibt bei vielen Verkehrssituationen jedoch nicht. Daher muss das Fahrzeug bestimmte Situationen frühzeitig antizipieren können, um dem Fahrer die nötige Zeit zur Kontrollrückgewinnung zu bieten. Dabei ist auch der Grad der Ablenkung vom Verkehrsgeschehen von großer Wichtigkeit. Das Fahrzeug muss erkennen können ob der Fahrer nur akustisch, akustisch und visuell oder akustisch, visuell und haptisch abgelenkt ist. Außerdem braucht der Fahrer alle Informationen über den Grund der Übergabe, um richtig Reagieren zu können.

Um dieses Problem zu lösen muss man vor allem wissen wie der Mensch reagiert. Daher testen Technologieunternehmen wie Continental das Verhalten von Autofahrern in einer scheinbar autonomen Fahrt unter realen Bedingungen im Straßenverkehr. In einem aufwändig präparierten Testfahrzeug wird der Nutzer mit einer Vielzahl von Sensoren erfasst und seine Reaktionen analysiert. Der Proband sitzt dafür hinter einer Lenkradattrappe auf der linken Seite des Fahrzeugs, am tatsächlichen Steuer sitzt ein speziell ausgebildeter, rechtslenkender Fahrer (Siehe Bild). „Mit unseren Testreihen und Produkten verbessern wir die ganzheitliche Mensch-Maschine-Schnittstelle kontinuierlich, um für eine nahtlose Kommunikation zu sorgen und die Voraussetzungen zu schaffen, dass der Fahrer zu jeder Zeit weiß, welche Verantwortung er trägt und woran das System gerade arbeitet“, fasst Guido Meier-Arendt, leitender Experte Mensch-Maschine-Schnittstelle und Ergonomie der Division Interior bei Continental zusammen.

Jeder der auf dem linken Fahrersitz in dem genannten rechtslenker Fahrzeug platz nimmt dürfte sich etwas unwohl fühlen sobald sich der Testwagen ohne eigenes zutun in Bewegung setzt. Es beschleicht einen das Gefühl in diesem Moment das eigene Leben nicht mehr selbst zu verantworten. 79 Prozent der deutschen Teilnehmer gaben bei einer internationalen Studie im Auftrag von Goodyear an, dass der Mensch immer die Kontrolle über sein Auto behalten solle. Die autofahrende Bevölkerung gibt also nur ungern das Steuer an einen Computer ab. Eigentlich ist diese Angst nicht logisch, schließlich vertraut man beim Fliegen auch dem Autopiloten bedenkenlos sein Leben an. Doch Angst und Zweifel sind nicht immer logisch. Daher spielen diese Gedanken auch eine Rolle bei der Entwicklung der Mensch-Maschine-Schnittstelle(n). „Transparenz und Situations-Bewusstsein sind für uns deshalb die bedeutenden Schlagworte bei der Entwicklung neuer Konzepte für den ganzheitlichen Dialog zwischen Mensch und Maschine. Nur so wird der Fahrer Vertrauen in vollautomatisiert fahrende Systeme fassen“, so Dr. Karsten Michels. „Dabei zählt das richtige Maß an Vertrauen: Überschätzt der Fahrer die Fähigkeiten des Systems, übernimmt er im Extremfall die Fahraufgabe am Ende eines automatisierten Fahrabschnitts womöglich nicht zurück, obwohl dies notwendig wäre“, ergänzt Guido Meier-Arendt.

Das Ziel der Entwickler kann also nur sein mit Hilfe der Bedienelemente, der Mensch-Maschine-Schnittstelle, das Vertrauen der Fahrer zu gewinnen. Dazu werden Konzepte zu einer pseudomanuellen Fahrweise entwickelt. Dabei kann der Fahrer Manöverwünsche, wie zum Beispiel das Wechseln einer Fahrspur eingeben, die das Fahrzeug dann selbständig ausführt. So wird dem Fahrer das Gefühl vermittelt weiterhin Kontrolle über das Fahrzeug zu haben, auch wenn die Prozesse im Hintergrund vollständig automatisiert ablaufen. Ebenfalls denkbar ist, eine Anzeige die dem Fahrer anzeigt was das Fahrzeug gerade macht. All diese Ideen dienen einer nutzerorientierten Entwicklung, Technisch gesehen sind diese Ausprägungen nicht zwingend notwendig, doch für den Vertrauensaufbau des Fahrers unerlässlich.

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