Immer mehr Händler setzen auf Personalisierung, Voice Commerce oder Künstliche Intelligenz. Klare These: Kunden wünschen sich individuelle und personalisierte Angebote. Doch weit gefehlt: Laut der repräsentativen Studie von der Shopping- und Vergleichsplattform idealo gehen die Wünsche der Konsumenten und die Trends des E-Commerce weit auseinander.
Die Studie konfrontierte insgesamt 999 Teilnehmer mit den aktuellen Tendenzen der Branche - mit dem Ergebnis: Online-Shopper können auch in der heutigen digitalen Welt immer noch nicht einschätzen, wozu und wie der E-Commerce ihre persönlichen Daten nutzt und haben Angst zu einem gläsernen Kunden zu werden. Online-Händler können bisher ihren Kunden nicht die Angst nehmen.
(K)ein gläserner Kunde
Im Online-Handel wirkt sich bekanntermaßen eine persönliche Kundenbindung außerordentlich auf Gewinne und Umsätze aus. Händler sprechen ihre Kunden deshalb mit individualisierten Angeboten an, indem sie diese an die Bestellhistorie der Kunden anpassen. Doch fragt man Online-Shopper, ob sie es gut finden, dass der Handel Daten speichert und analysiert, antworten etwas mehr als die Hälfte der Befragten: "Nein." [Grafik 1]
56 Prozent der Deutschen geben an, dass sie Angst davor haben, zu einem gläsernen Kunden zu werden. Sie befürchten, dass Firmen zu viel über sie und ihre Vorlieben wissen [Grafik 2]. Erhalten Konsumenten aber durch die freiwillige Angabe persönlicher Daten attraktive Vorteile oder Rabatte, geben sie diese Daten wiederum gerne an den Shop heraus (52 Prozent). [Grafik 3]
Häufig werden Konsumenten beim Online-Shopping passende Produkte oder Zubehör zum letzten Kauf vorgeschlagen. Die Strategie dahinter: Einen Interessen-Treffer und somit einen weiteren Kauf erzielen. Doch individualisierte Angebote sind laut der Online-Studie weniger relevant als bisher angenommen: Sogar 52 Prozent der Konsumenten erachten individuelle Angebote als weniger oder gar nicht relevant [Grafik 4]. Ebenso sind knapp über die Hälfte aller deutschen Online-Shopper sogar im Allgemeinen von individualisierten Angeboten genervt (53 Prozent). [Grafik 5]
Künstliche Intelligenz - ist der Einsatz doch gar nicht so intelligent?
Immer häufiger übernehmen automatisierte Kundenservice-Assistenten, sogenannte Chatbots, die Kommunikation mit dem Kunden - diese helfen bei Aufgaben wie dem Beantworten von Kundenfragen bis hin zur Kundenberatung, eigentlich praktisch. Doch 65 Prozent der deutschen Online-Konsumenten ist die Kommunikation mit Menschen im Kundenservice sehr wichtig [Grafik 6], sogar 39 Prozent lehnen die digitalen Assistenten gänzlich ab [Grafik 7]. Die digitalen Helfer werden höchstens toleriert, wenn es um Unterstützung bei Bestellprozessen geht, so die überwiegende Meinung der Online-Shopper.
Wie sieht es im privaten Hause der Konsumenten aus? Sollen die Eigenheime smarter und digitaler werden auch auf die Gefahr hin, dass Daten gespeichert werden? Die Rede ist von Smart-Home-Geräten mit integriertem Sprachassistenten wie Google Home oder Amazon Echo: Nur wenige Deutsche besitzen einen digitalen Assistenten oder planen den Kauf - zum einen, weil sie keinen Bedarf sehen (68 Prozent), zum anderen weil sie Angst haben, dass ununterbrochen "Jemand" mithört (48 Prozent). [Grafik 8]
Andere Konsumenten genießen die Vorzüge dieser neuen Technik jedoch: Diejenigen, die bereits einen digitalen Sprachassistenten besitzen - gerade einmal 21 Prozent - meinen, dass sich ihr Alltagsleben durch die Anschaffung eines Gerätes spürbar verbessert hat - ganze 75 Prozent der Eigentümer von Voice-Assistants sehen das so. [Grafik 9]
Anhand der Daten lässt sich erkennen, dass die Meinung der Konsumenten zwiegespalten ist: Sie lassen sich gern auf etwas Neues ein, allerdings sind die Neuheiten mit Vorsicht zu genießen.
Ähnliches ist auch bei den Vorlieben in Sachen Zahlungsweisen zu erkennen: Alternative Zahlungsmethoden wie Zahlen per Fingerabdruck oder per Smartphone an Bezahlterminals sind sehr erwünscht - die Zahlung mit Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. hingegen bereitet den Online-Shoppern großes Unbehagen [Grafik 10]. Frei nach dem Motto "Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht" sind die Deutschen eher skeptisch, was neue technische Errungenschaften im E-Commerce angeht.
Fun Fact: Männer stehen im Gegensatz zu Frauen Bezahlung mit dem Smartphone offen gegenüber, 38 Prozent können gar nicht erwarten, dass es sich durchsetzt.
Online- oder Offline-Shopping - das ist hier die Frage!
Der Online-Handel boomt, gar keine Frage: Doch können oder wollen Konsumenten auf den stationären Handel verzichten und alles nur noch online einkaufen? Die Antwort ist: JEIN. Das Internetshopping und das Ladengeschäft werden sich weiterhin ergänzen.
Ein gutes Drittel der Online-Shopper lässt sich nach wie vor lieber im stationären Shop beraten, die Hälfte findet die Beratung im Netz neutraler und sogar 82 Prozent freuen sich darüber, sich im Internet in Ruhe ohne Verkäufer informieren zu können. [Grafik 11-13]
Wie sieht es mit dem Shopping in sozialen Medien oder Netzwerken aus? Obgleich WhatsApp, Facebook und Instagram von vielen fast täglich genutzt werden und es in letzteren beiden durchaus möglich ist, einfach und schnell online einzukaufen (z.B. via Kauf- Button), kommt diese Kaufoption nicht gut an. Knappe 37 Prozent der Konsumenten haben den Kauf-Knopf bereits genutzt, andere 36 Prozent können es sich vorstellen, so zu shoppen. Insgesamt bestellen aber 59 Prozent der Online-Shopper lieber direkt in einem Shop.
Fun Fact: Obwohl das Influencer-Marketing im E-Commerce immer beliebter wird, nehmen Konsumenten beispielsweise YouTuber nicht als authentisch sondern als Werbefigur wahr, allerdings nutzen immerhin 15 Prozent der Verbraucher sogenannte vlogger als Informationsquelle.
Die Branche muss reagieren
Konsumenten möchten also selbstbestimmt in der Online-Welt unterwegs sein, der E-Commerce soll sich dabei aber bitte nicht einmischen - so der Status Quo. Doch was tun? "Augenscheinlich ist der Online-Handel in der digitalen Denke weiter vorangeschritten als seine Kunden. Eine Veränderung muss her. Der Online-Handel muss Konsumenten besser abholen, besser informieren und ihnen Dinge wie Big Data oder Datennutzung näher erläutern. Konsumenten dürfen künftig keine Angst mehr haben, Daten preiszugeben, sie müssen verstehen wie neue E-Commerce-Techniken - individualisierte Angebote oder Kauf über einen Kauf-Button etc. - funktionieren und wie ihre persönlichen Daten genutzt (und nicht ausgenutzt) werden.", sagt Philipp Schrader, Chief Commercial Officer idealo.
Die vollständige Studie ist hier einsehbar: www.idealo.de
Quelle: Alle Daten, soweit nicht anders angegeben, sind von der Research Now Gruppe bereitgestellt. An der Online-Befragung zwischen dem 04.01. und dem 08.01.2018 nahmen 999 Personen teil. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Internetbevölkerung nach Alter (18 - 69 Jahre) und Geschlecht.