In ihrem Podcast kündigte Angela Merkel am 18. August 2018 die Gründung eines Digitalrats an. Heute hat die Regierung die zehn Mitglieder berufen. Als schlagkräftiges Gremium sollen die Expertinnen und Experten durch kritische Fragen und Anregungen der Bundesregierung dabei helfen, Deutschland den Weg in die Digitalisierung zu ebnen. Der direkte Austausch zwischen Wirtschaft und Politik ist ein wichtiger Schritt, reicht in dieser Form aber noch nicht aus, meint die DSAG. Hier ein ppar Expertenstimmen zum Thema:
Von Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe e. V. (DSAG)
Die deutsche Bundesregierung ist aus unserer Sicht zunehmend bemüht, die für eine effiziente Digitalisierung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Der direkte Austausch mit externen Experten und die von Angela Merkel benannten Schwerpunkte, die Zukunft der Arbeitswelt, der Umgang mit Daten, der Start-up-Szene sowie neuen Partizipationsmöglichkeiten und wie sich die Digitalisierung auf Gesellschaft und Kultur auswirken, bilden eine Basis für den digitalen Fortschritt der Nation. Um den langfristigen Erfolg dieser Maßnahmen zu sichern, muss Deutschland nach Ansicht der DSAG allerdings noch weiter gehen: Neben gezielten finanziellen Anreizen und Fördergeldern der Regierung, besonders für den Mittelstand, sind vor allem ein breiter, kontinuierlicher Austausch zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sowie weitere umfassende Maßnahmen und deren schnelle Umsetzung, ganz speziell in den Bereichen IT-Bildung und Nachwuchsförderung, notwendig.
Digitale Bildung für alle
Die Lücke zwischen Jobangeboten und IT-Experten bremst schon jetzt den technologischen Fortschritt. Wir sehen das bei unseren DSAG-Mitgliedsunternehmen, die sich zum Teil zwischen dem Tagesgeschäft und Zukunftsstrukturen entscheiden müssen. Es gibt zwar Unternehmen, die die Möglichkeit haben, parallele Teams aufzustellen. Unternehmen müssten sich aber mehr Freiräume schaffen, um sich wenigstens in kleinen Schritten auf den Weg zu machen. Vor allem aber sollte bereits bei der Ausbildung angesetzt werden.
Neben den Zielen, die die Bundesregierung im Digitalpakt Schule verfolgt, müssen deshalb vor allem die Lehrpläne angepasst werden. Junge Menschen sollten frühzeitig mit IT und der Thematik rund um Geschäftsprozesse konfrontiert und über neue Berufsfelder aufgeklärt werden. Die Einführung entsprechender Unterrichtsfächer und die Präsenz von Unternehmen sowie Software-Anbietern wie SAP in den Ausbildungsangeboten von Universitäten, Fachhochschulen, allgemeinbildenden Schulen und sonstigen spezialisierten Bildungsstätten sind aus unserer Sicht zwingend erforderlich.
Aufklärung und Erfahrungsaustausch
Die Digitalisierung verändert Gesellschaft und Wirtschaft in bisher nie dagewesener Geschwindigkeit. Auch wenn in vielen unserer Mitgliedsunternehmen ein ausgeprägter Veränderungswille vorherrscht, gehen mit derartigen Entwicklungen zwangsläufig auch Existenzängste und finanzielle Bedenken einher, die den digitalen Fortschritt hemmen können. Die Regierung sollte daher insbesondere kleinere Unternehmen auch finanziell unterstützen. Außerdem muss sie Plattformen schaffen, um die digitale Transformation in Deutschland durch einen möglichst großflächigen Erfahrungs- und Informationsaustausch zu fördern. Aufklärung sowie die Möglichkeit, Bedenken zu äußern, sind nach Ansicht der DSAG, maßgebliche Grundvoraussetzungen für die Weiterentwicklung des Landes. Regierungsvertreter sollten dabei über den neu ernannten Digitalrat hinaus nicht nur auf IT-Konzerne wie SAP, Microsoft und IBM, sondern vor allem auch auf die Software-anwendenden Unternehmen jeglicher Größe und Branche und ihre Bedürfnisse hören, unter anderem hinsichtlich der Möglichkeiten eines verbesserten Datenaustauschs. Durch sie lässt sich ein realistisches Bild zur aktuellen Lage in der deutschen Wirtschaft gewinnen.
Bitkom-Präsident Achim Berg zum Digitalrat der Bundesregierung:
„Wir begrüßen sehr, dass die Bundesregierung beim Thema Digitalisierung den Rat von außen sucht und auf Experten aus Wissenschaft und Praxis setzt. Der jetzt vorgestellte Digitalrat kann die etablierten Organisationen und Institutionen in der Verbands- und Wissenschaftslandschaft sehr gut ergänzen und zusätzliche Impulse geben.
Bei der politischen Flankierung und Unterstützung der Digitalisierung haben wir in Deutschland vor allem ein Umsetzungsproblem. Egal ob Breitband-Infrastruktur, der Digitalpakt für Schulen, der Aufbau eines einheitlichen Bürgerportals für Behördendienste oder eine Strategie für die Künstliche Intelligenz: Die Vorhaben müssen schnell und entschieden in die Praxis umgesetzt werden. Mit Katrin Suder wurde eine starke, digital hoch kompetente und engagierte Frau mit der Leitung des Digitalrats betraut. Sie kennt Wirtschaft und Politik gleichermaßen und steht für Professionalität und Entscheidungsfreude. Wir wünschen ihr viel und schnellen Erfolg an der Spitze des Digitalrats.“
Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.:
„Grundsätzlich begrüßen wir, dass die Bundesregierung die Herausforderungen und Fragestellungen im Zusammenhang mit Digitalisierung angeht und sich Unterstützung und Expertise aus Wirtschaft und Forschung dazuholt.“ Gleichzeitig müsse jedoch auch klar sein, dass die Bundesregierung die Digitalisierung und von Staat, Wirtschaft und Verwaltung zügig anstoßen muss und konkrete Transformationsprozesse rasch Fahrt aufnehmen müssen. „Die Zeit des Redens ist vorbei. Der Digitalisierungszug fährt. Die Bundesregierung muss jetzt längst überfällige Antworten auf drängende Fragen zur Zukunft des Digitalstandorts Deutschland geben“, so Süme.
Hervorzuheben seien hier unter anderem der rasche Ausbau leistungsfähiger digitaler Infrastrukturen, die Reformation des Bildungssystems, Konzepte zur Zukunft der Arbeit sowie massive Förderung von Forschung und Entwicklungen im Bereich neuer Technologien wie beispielsweise KI und Blockchain. Eine Umsetzungsstrategie für die Digitalvorhaben der Bundesregierung müsse jetzt zügig erarbeitet werden.