Home > Sozial > Wie digital sind die Unternehmen in Deutschland?

Im Mittelpunkt einer repräsentativen Befragung unter mehr als 2.000 Erwerbstätigen in Deutschland, welche die  Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit Kantar durchgeführt hat, stand die Frage: Wie nehmen Erwerbstätige in Deutschland die betriebliche Digitalisierung wahr? Die Ergebnisse zeigen, dass sie der Digitalisierung der Arbeitswelt gegenüber offener sind als bislang angenommen, insbesondere als dies üblicherweise in Führungskräftebefragungen dargestellt wird. Zudem zeigt der methodische Ansatz, dass die Digitalisierung einen neuen Blick auf etablierte Berufsklassifikationen erfordert.

Wie nehmen Erwerbstätige die betriebliche Digitalisierung wahr?

Durch die Digitalisierung entstehen neue Möglichkeiten der digitalen und mobilen Arbeit. Dies betrifft nicht nur verschiedene Berufsbereiche auf unterschiedliche Art und Weise, sondern umfasst über den Einsatz digitaler Technologien hinaus das gesamte Arbeitsumfeld und die Kultur eines Unternehmens. Neben Technisierung verändert die digitale Transformation Arbeitsprozesse und bringt moderne Formen der Arbeitsorganisation mit sich. Unternehmen gehen jedoch sehr unterschiedlich mit der Digitalisierung um.

Zwei Zielsetzungen standen bei der Konzeption und Durchführung dieser Befragung im Vordergrund:

  1. Was denken die Erwerbstätigen über den Stand der digitalen Transformation in ihrem Unternehmen? Sie kennen ihr eigenes Arbeitsumfeld, ihre berufliche Tätigkeit, ihre Bedarfe und Wünsche am besten. Wir haben gezielt nicht nur Führungskräfte oder IT-Verantwortliche befragt, sondern alle Erwerbstätigen. Die Ergebnisse bilden somit auf einer allgemeinen Ebene ab, wie die digitale Unternehmenstransformation wahrgenommen und miterlebt wird, und liefern auf diese Weise den Handelnden in Unternehmen wichtige Erkenntnisse.
     
  2. Die diverse Berufslandschaft in Deutschland ist nicht gleichermaßen digital ausgerichtet und entwickelt – und wird/soll/kann dies auch nicht sein. Unterschiedliche Berufsbereiche sind in puncto Digitalisierung unterschiedlich weit fortgeschritten bzw. bietet die Digitalisierung diesen nicht überall die gleichen Möglichkeiten. Spricht man über Digitalisierung, dann sollte man Personen, die mit Menschen arbeiten (etwa im Gesundheitswesen oder in der Lehre), anders in den Blick nehmen als diejenigen, die überwiegend am Schreibtisch sitzen und immaterielle Dienstleistungen erbringen. Auch diejenigen, die mit klassischen technischen Hilfsmitteln oder handwerklichen Geräten arbeiten, sind anders betroffen und haben eine andere Erwartung an Digitalisierung als Menschen, die mit intelligenten Geräten und Maschinen arbeiten. Ein zweites Ziel dieser Befragung war es daher, einen differenzierteren Blick auf die beruflichen Tätigkeiten der Erwerbstätigen zu werfen, um eben solche Unterschiede bei der Wahrnehmung und dem Wunsch nach Digitalisierung abzubilden.

Wie nehmen Erwerbstätige die betriebliche Digitalisierung wahr? Zentrale Ergebnisse der Befragung:

Bei der digitalen Transformation der deutschen Unternehmen besteht noch dringender Nachholbedarf. Es ist zwar bereits einiges auf den Weg gebracht, wir sind aber weit davon entfernt, von einem flächendeckenden Erfolg sprechen zu können. Die deutliche Mehrheit der Erwerbstätigen empfindet ihr eigenes berufliches Umfeld als aufgeschlossen gegenüber digitalen Technologien und Arbeitsweisen. Dies steht explizit im Gegensatz zu vielen Studien, in denen Führungskräfte immer wieder beklagen, dass ihre eigenen Mitarbeitenden nicht kompetent oder veränderungsbereit genug seien.

Knapp 40 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland bewerten ihr eigenes Unternehmen als äußerst bzw. sehr digital. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass die Digitalisierung aus Sicht der Erwerbstätigen in den deutschen Unternehmen angekommen ist. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch auch, dass 60 Prozent der Befragten ihr Unternehmen nicht als digital fortgeschritten wahrnehmen. So geben 38 Prozent an, dass sie in einem „etwas digitalen“ Umfeld arbeiten. Ganze 22 Prozent der Befragten und somit jeder fünfte Erwerbstätige sagen, dass ihr Unternehmen kaum bzw. noch nicht in der digitalen Welt angekommen ist.

Die Unternehmensgröße spielt bei der Einschätzung der betrieblichen Digitalisierung eine Rolle: Je größer ein Unternehmen, desto digitaler wird es von seinen Beschäftigten eingestuft. Bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden stufen 53 Prozent ihr Unternehmen als sehr digital ein, während der Durchschnitt bei 39 Prozent liegt. Dies deckt sich mit den Ergebnissen unseres Werkstattberichts. 

Erwerbstätige in Deutschland sind digitalen Technologien gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen, 65 Prozent empfinden ihre Kollegen und ihr konkretes Arbeitsumfeld als sehr offen. Dennoch können nicht alle in gleichem Maße von Digitalisierung profitieren. Das fehlende Angebot mobiler und flexibler Arbeitsweisen durch Unternehmen scheint ein Bremsblock für das befähigende Potenzial der Digitalisierung zu sein. 47 Prozent der Erwerbstätigen geben an, dass in ihrem Unternehmen zeitlich und räumlich flexibel gearbeitet wird. Bei Personen, die hauptsächlich mit Menschen arbeiten, liegt dieser Wert bei 35 Prozent.

Durch ihren transformierenden und disruptiven Charakter zwingt die Digitalisierung der Arbeitswelt Unternehmen dazu, ihre eigene Zukunftsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Erwerbstätigen in Deutschland in einem erstaunlich hohen Maß (zu 83 Prozent) an die richtige Marktausrichtung ihrer Unternehmen glauben – je digitaler Unternehmen sind, desto positiver die Prognosen.

Innovationen oder Neuerungen, die entscheidend für eine effektive digitale Transformation sind, werden überwiegend durch die Eigeninitiative der Mitarbeitenden ins Unternehmen gebracht. 55 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass jeder eine gute Idee eigeninitiativ einbringen kann. Gleichzeitig dominiert aber insbesondere in größeren Unternehmen eine hierarchische oder funktionale Vorgabe von Veränderungen, die die positive Wirkung der Eigeninitiative flankieren kann.

Über alle Altersgruppen hinweg attestieren die Befragten ihrem Arbeitsumfeld eine grundsätzliche Offenheit gegenüber der Digitalisierung. Beim Wunsch nach digitalerem Arbeiten und bei der Einschätzung des Potenzials und Nutzens der digitalen Transformation nimmt die jüngere Generation eine deutlich forderndere und positivere Haltung ein als ältere Altersgruppen. Wünschen sich 47 Prozent der 16- bis 29-jährigen Erwerbstätigen ein moderneres und digitaleres Arbeitsumfeld, so lehnt die Hälfte der über 60-Jährigen (51 Prozent) dies ab. Es ist daher anzunehmen, dass die betriebliche digitale Transformation zunehmend an Dynamik gewinnen wird, je mehr jüngere Menschen, die der Digitalisierung gegenüber aufgeschlossener sind, in Entscheiderpositionen kommen. 

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