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2017 war bundespolitisch vor allem geprägt durch die Bundestagswahl im September und dem damit verbundenen Wahlkampf, der sich auch in einigen netzpolitisch relevanten Entscheidungen der Bundesregierung kurz vor Ende der 18. Legislaturperiode bemerkbar machte.Was hat sich in 2017 im Bereich Netz- und Digitalpolitik konkret getan? eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. zieht Bilanz und wirft einen Blick auf die drei wichtigsten digitalpolitischen Entwicklungen und Entscheidungen der letzten zwölf Monate.

Der Verband warnt in diesem Zusammenhang davor, den Digitalstandort Deutschland und den Wachstumstreiber Internetwirtschaft durch ein Zuviel an Restriktionen und Regulierung zu schwächen. Gleichzeitig fordert eco die Politik dazu auf, wieder mehr die Chancen und Potenziale der Digitalisierung für Gesellschaft und Wirtschaft in den Fokus ihrer Netzpolitik zu rücken und das Vertrauen in digitale Dienste nicht durch unverhältnismäßige Überwachungsmaßnahmen weiter zu zersetzen.

„Wir haben in diesem Jahr wie auch schon in den vorangegangenen Jahren der großen Koalition eine wenig visionäre Netzpolitik erlebt, die das Thema Digitalisierung sehr problemorientiert behandelt hat. Es fehlte eine Leitidee wie die digitale Transformation in Deutschland zum Wohle aller aussehen soll. Das führte auch dazu, dass die Bundesregierung in netzpolitischen Fragen wenig gestaltend auftrat, sondern sich eher durch akute, als Krisen wahrgenommene Hypethemen wie Hatespeech und Fakenews treiben ließ“, sagt eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme. „Ich wünsche mir für das nächste Jahr und von der neuen Bundesregierung, dass sie sich wieder mehr darauf konzentriert, konstruktive und ökonomisch sinnvolle Rahmenbedingungen für die Entwicklung, die Vermarktung und den Umgang mit dem Internet und digitalen Technologien zu schaffen, anstatt eine aktionistische Regulierungs- und Eindämmungspolitik zu betreiben, die an den falschen Stellen ansetzt und eher Symptome statt Ursachen bekämpft. Digitaler Protektionismus ist keine Lösung“, so Süme weiter.

Rückblick: Die drei wichtigsten digitalpolitischen Entwicklungen in 2017

 

1.        Staatliche Kontrolle und Überwachung: Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner und Netzsperren

 

Das Gesetz zur Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung, das bereits im Dezember 2015 in Kraft getreten ist, blieb auch 2017 mit Beginn der Speicherpflicht im Juli ein vieldiskutiertes Thema. Viele rechtliche Fragen sind nach wie vor heftig umstritten und es laufen verschiedene Klagen gegen das Gesetz. Neben den bereits beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängigen Verfassungsbeschwerden ist unter anderem eine Klage des Unternehmens SpaceNet AG vor dem Verwaltungsgericht in Köln eingereicht, die eco mit unterstützt. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in dieser Sache mit einem Beschluss vom 22. Juni 2017 entschieden, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar ist. Die Bundesnetzagentur hat daraufhin die Durchsetzung der Speicherpflichten bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens für alle Unternehmen ausgesetzt. Bis dahin können keine Anordnungen oder Maßnahmen sowie Bußgeldverfahren wegen einer nicht erfolgten Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung gegen die verpflichteten Unternehmen eingeleitet werden. Hier muss nun schnellstmöglich Rechtssicherheit geschaffen werden. Der aktuelle Schwebezustand ist für die Wirtschaft nicht hinnehmbar und der Gesetzgeber kann dies auch nicht wollen.

Obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH), zuletzt im Dezember 2016 erklärt hat, dass eine generelle anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht mit den europäischen Grundrechten vereinbar ist, rückt auch der Rat der EU nicht von den Plänen einer europäischen Vorratsdatenspeicherung ab.

Auch das im August 2017 in Kraft getretene „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ stellt aus Sicht von eco einen Angriff auf die IT-Sicherheit und Grundfreiheiten im Netz dar. Das Gesetz erlaubt den Einsatz sogenannter Bundestrojaner, zum Hacken von Computern, Verwanzen von Smartphones und zum Mitlesen von Messenger-Nachrichten durch deutsche Strafverfolgungsbehörden.  Aus Sicht von eco ist dieses Gesetz nicht nur verfassungsrechtlich höchst bedenklich, sondern vor allem auch unter dem Aspekt der IT-Sicherheit. Der Einsatz von Bundestrojanern ist höchst riskant und würde die IT-Sicherheit aller Anwender kompromittieren.

Der Verband fordert stattdessen ein konsequenteres IT-Sicherheits-Management – und zwar auf staatlicher Seite, ebenso wie in Unternehmen. Dies bedeutet auch eine klare Absage an sogenannte ZeroDay Exploits. Solange staatliche Stellen, Geheimdienste und Sicherheitsbehörden vorhandene Schwachstellen nicht den Herstellern melden, sondern für das Ausspähen der Bürger nutzten, passieren Cyberattacken, die leicht verhindert werden könnten. Gleichzeitig bedeutet dies eine Schwächung der IT-Sicherheit insgesamt und setzt die Bürger einem unnötigen Risiko aus.

Ein weiteres unerfreuliches Kapitel wurde in diesem Jahr außerdem beim Thema WLAN-Störerhaftung aufgeschlagen. Das im Sommer dieses Jahres vom Bundestag verabschiedete 3. TMG-Änderungsgesetz, das sogenannte WLAN-Gesetz, schafft zwar die vielfach kritisierte WLAN-Störerhaftung in Deutschland ab. Gleichzeitig schafft das Gesetz aber auch eine Rechtsgrundlage für „Netzsperren auf Zuruf der Rechteinhaber ohne richterlichen Beschluss und verfehlt damit das eigentliche Ziel, endlich Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber zu schaffen. eco kritisiert hier insbesondere die Schaffung neuer Rechtsunsicherheiten durch die Einführung von Netzsperren ohne Richtervorbehalt. Das Gesetz sollte aus Sicht von eco in der kommenden Legislaturperiode dringend überarbeitet werden. Ähnliche Tendenzen gibt es aktuell auf Seiten der EU, wo Netzsperren für den Verbraucherschutz umgesetzt werden sollen. Diese Entwicklung ist aus Sicht von eco schädlich und sollte nicht weiter ausgedehnt werden, da sie freiheitliche Grundprinzipien des Internets ins Wanken bringen.

 

 

2.        Netzwerkdurchsetzungsgesetz: verfassungsrechtlich zweifelhaft, Einfallstor für Overblocking

 

Die im Jahr 2016 aufgeflammte Debatte um die Bekämpfung von Hatespeech und illegalen Inhalten auf Social Media Plattformern sowie die damit verbundene Ankündigung von Justizminister Heiko Maas, die Plattformanbieter hier stärker zur Verantwortung zu ziehen, mündete in diesem Jahr in das hoch umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das der Bundestag im Sommer verabschiedet hat. eco lehnt dieses Gesetz aus grundsätzlichen Erwägungen ab. Der Verband kritisiert hier insbesondere den immer noch unklaren Anwendungsbereich des Gesetzes  sowie die 24h- bzw. 7 Tage Löschfrist für offensichtlich rechtswidrige Fälle, die im Ergebnisse zu einem Overblocking von Inhalten durch die Plattform-Betreiber führen und damit zu einer Gefahr für die Meinungsfreiheit im Netz werden könnten. 

 

Internetunternehmen werden einseitig dafür in die Pflicht genommen, über Rechtswidrigkeit oder Meinungsfreiheit zu entscheiden und gegebenenfalls Kommentare von ihren Plattformen zu entfernen. So entsteht eine privatwirtschaftlich organisierte Parallelrechtsprechung, die außerhalb staatlicher Strafverfolgung und Rechtsprechung entscheidet. Täter werden nicht zur Rechenschaft gezogen und Opfern wird dadurch keine Gerechtigkeit wiederfahren. Das steht in einem krassen Widerspruch zu unserem Rechtssystem. eco fordert die neue Bundesregierung dazu auf, diesen rechtspolitischen Fehlgriff durch eine Rücknahme des Gesetzes zu korrigieren.

 

 

3.        Zukunft Netzpolitik: größerer Stellenwert für ein strategisch bedeutsames Thema

 

Eine erfreuliche Entwicklung ist aus Sicht des Internetverbands, dass das Thema Netzpolitik im Vorfeld dieser Bundestagswahl und im Vergleich zum letzten Bundestagswahlkampf deutlich an Relevanz in der öffentlichen Mediendebatte gewonnen hat. Auch in den Wahlprogrammen der großen Volksparteien wurden zumindest die drängendsten Netzpolitischen Themen wie digitale Infrastruktur oder Datenschutz grundsätzlich thematisiert. eco fordert die neue Bundesregierung daher auch auf, der strategischen Bedeutung des Themas Digitalisierung für den Wirtschaftsstandort Deutschland künftig stärker Rechnung zu tragen und im Rahmen der Regierungsarbeit einen angemessenen Stellenwert zuzumessen. Dazu zählt aus Sicht des Verbands die Einrichtung eines Internetministeriums zur ressortübergreifenden Koordinierung netzpolitischer Fragestellungen genauso, wie die Stärkung der Netzpolitiker im Deutschen Bundestag, beispielsweise durch die Einrichtung eines federführenden Ausschusses. eco fordert außerdem auch in der kommenden Legislaturperiode eine neue Digitale Agenda mit konkreten und objektiv messbaren Zielvereinbarungen für eine stringente und moderne Netzpolitik.

Dies entspricht auch den Wünschen der deutschen Bevölkerung, wie eine aktuelle repräsentative Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. im August 2017 durchgeführt hat, ergab. Demnach sind 48 Prozent der Deutschen der Meinung, dass die Verantwortung für netzpolitische Themen in der nächsten Legislaturperiode in einem Ministerium gebündelt werden sollte.

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