Home > Datenschutz & Datensicherheit > Offene Netze: Rechtssicherheit mit Schönheitsfehlern

„Wir freuen uns, dass sich die Große Koalition in letzter Minute doch noch auf die Abschaffung der WLAN-Störerhaftung einigen konnte. Leider beseitigt das Gesetz nicht alle Rechtsunsicherheiten beim Betrieb offener Netzzugänge. Unklar bleibt etwa, welche Gegenmaßnahmen im Einzelnen von einem Anbieter verlangt werden können, wenn es über sein WLAN zu Rechtsverstößen durch Nutzerinnen und Nutzer kommt. Trotz gewisser Schwächen ist die jetzige Regelung jedoch ein Schritt vorwärts und ein wichtiges Signal für die Verbreitung offener Netzzugänge in Deutschland.“, erklärt Volker Tripp, politischer Geschäftsführer des Vereins Digitale Gesellschaft.

Heute hat der Bundestag das Gesetz zur Abschaffung der WLAN-Störerhaftung verabschiedet. Bereits im Koalitionsvertrag hatte sich die Große Koalition zu dem Ziel bekannt, Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber herzustellen, die ihre Netzzugänge für die Allgemeinheit öffnen. Solche Betreiber mussten bislang damit rechnen, kostenpflichtig abgemahnt zu werden, wenn Dritte den Zugang dazu missbrauchten, um im Internet Rechtswidriges zu tun. Ein erster gesetzgeberischer Anlauf, bei dem die problematischen Unterlassungsansprüche nicht explizit ausgeschlossen wurden, beseitigte diese Gefahr nicht. Dies bestätigte auch ein wenig später ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Sache McFadden vs Sony Music.

Das nun verabschiedete Gesetz bringt einige spürbare Verbesserungen für die Anbieter offener WLAN-Zugänge. Kostenpflichtige Abmahnungen wegen Rechtsverletzungen Dritter sind nun effektiv ausgeschlossen. Rechtsunsicherheiten bleiben jedoch insbesondere im Hinblick auf den neu eingeführten Sperranspruch der Rechteinhaber bestehen. Diese Unschärfe kann dazu führen, dass WLAN-Betreiber auch unberechtigten Sperrverlangen nachkommen. Das Gesetz regelt nämlich nicht, zu welchen konkreten Maßnahmen ein Betreiber auf Grundlage des Sperranspruchs verpflichtet ist und zu welchen nicht. Im Streitfall muss er daher zunächst selbst einschätzen, ob das Sperrverlangen eines Rechteinhabers berechtigt ist. Wird der Betreiber von einem Rechteinhaber beispielsweise dazu aufgefordert, bestimmte Ports oder bestimmte Webseiten zu sperren, so muss nun der Betreiber einschätzen, ob er tatsächlich gezwungen ist, dies zu tun, oder ob er nur zu weniger drastischen Maßnahmen, etwa zur Drosselung der einem Nutzer zur Verfügung stehenden Bandbreite oder Nutzungsdauer, verpflichtet ist. Diese Prüflast könnte insbesondere private Betreiber überfordern oder abschrecken. Es wäre daher sinnvoll gewesen, den Kreis der Handlungen, die aufgrund des Sperranspruchs verlangt werden können, zu begrenzen und bestimmte stets unverhältnismäßige Maßnahmen wie Portsperren explizit auszuschließen.

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