Ein autonomer Routenzug versorgt die Portionierzonen der Türenvormontage im BMW Group Werk Dingolfing mit Teilen aus dem Lager (Quelle: BMW Group)
Die Produktionslogistik im BMW Group Werk Dingolfing setzt zur komplexen Versorgung der Montagebänder mit über 20.000 Sachnummern neben manuellen Routenzügen auch auf fahrerlose Transportsysteme. So werden auf langen Wegstrecken zwischen Lagern bereits seit 2016 fahrerlose Routenzüge eingesetzt.
Mithilfe eines neu entwickelten Automatisierungskits können bestehende manuelle Routenzüge herstellerunabhängig mit eigener Intelligenz aufgerüstet werden und die Portionierzonen in der Montagehalle direkt mit Teilen beliefern. Damit erreicht das autonome Fahren in der Produktionslogistik der BMW Group die nächste Entwicklungsstufe.
Die neue technische Lösung fußt dabei auf einer Entwicklungskooperation mit der Firma Schiller Automatisierungstechnik aus dem niederbayerischen Osterhofen. Dr. Andreas Wendt, Leiter BMW Group Werk Dingolfing, erklärt: Unser Werk spielt bei der Digitalisierung ganz vorne mit. So pilotieren wir als Leadwerk die Einführung der autonomen Navigation für Flurförderzeuge im Bereich Logistik. Gemeinsam mit unserem Partner haben wir innerhalb weniger Monate konventionelle Routenzüge aus dem Bestand zum autonomen Fahren aufgerüstet. Diese Zukunftstechnologie ermöglicht es uns, die werksinterne Logistik noch effizienter zu gestalten und damit den Erfolg unseres Werks für die Zukunft zu sichern.“
Dynamische Routenführung
Die Fähigkeiten der fahrerlosen Routenzüge gehen dabei über die Automatisierung früherer Lösungen hinaus. Mit den neuen und intelligenteren Logistikhelfern wird eine dynamische Routenführung nach Lieferpriorität und eine aktive Umfahrung von Hindernissen ermöglicht. Technisch funktioniert die selbstständige Steuerung und Navigation der Routenzüge über Lasersignale, die sogenannte Laser-Multilateration. Dabei wird die Hallenumgebung mehrmals pro Sekunde mit Lasern abgetastet und die Reflektionen als 2D-Raumprofil dargestellt. Auf diese Weise kann der Routenzug mit einer Positioniergenauigkeit von +/- 10 mm durch die Hallen navigieren. Dabei sind keinerlei Infrastrukturanpassungen in den Montagehallen und Logistikbereichen notwendig.
Offene Schnittstellen und Smart Watch Integration
Durch die Offenlegung aller Schnittstellen kann der autonome Routenzug in bereits bestehende Leit- und Störmeldesysteme der BMW Group eingebunden werden. Damit wird sichergestellt, dass autonome Transportsysteme unterschiedlicher Hersteller zur gleichen Zeit in der BMW Produktionsumgebung eingesetzt werden und miteinander kooperieren können.
Zusammen mit den autonomen Routenzüge wird im Werk Dingolfing eine weitere Zukunftstechnologie pilotiert. Eine Smart Watch unterstützt die Logistikmitarbeiter beim Behälterwechselprozess und kündigt nahende Routenzüge per Vibrationsalarm an. Zusätzlich kann der Mitarbeiter ablesen, welche Behälter er entladen soll und den Routenzug per Displayberührung zu seinem nächsten Ziel schicken.
Vom Pilotbetrieb zur Serienreife
„Unserer Strategie für die Logistik der Zukunft folgend, bringen wir gemeinsam mit den Leadwerken innovative Technologien in einem strukturierten Prozess zum Rollout. So vergingen beim autonomen Routenzug von der ersten Konzeptidee bis zum erfolgreichen Pilotbetrieb im Fahrzeugwerk nur wenige Monate“, erläutert Jürgen Maidl, Leiter Produktionsnetzwerk und Logistik der BMW Group. Nach der erfolgreich abgeschlossenen Pilotphase werden ab Sommer 2018 im Werk Dingolfing zwei autonome Routenzüge im Serienbetrieb die Sequenzierzonen der Türenvormontage mit Teilen aus der benachbarten Logistikhalle versorgen. Weitere Werke der BMW Group haben bereits angekündigt, den Einsatz der autonomen Routenzüge prüfen zu wollen.
Logistik der Zukunft
Die Logistik der BMW Group sorgt täglich dafür, dass 30 Millionen Teile zur richtigen Zeit am richtigen Ort ankommen und an 30 Produktionsstandorten rund 9.500 Neufahrzeuge produziert werden können. Zur Beherrschung der enormen Komplexität sind innovative und digitale Technologien zum Schlüsselfaktor geworden. Deshalb werden in einer ganzen Reihe von Pilotprojekten schon heute die Technologien von morgen erprobt. Neben dem Einsatz von autonomen Transportsystemen sind mehrere Robotik-Lösungen und Big Data-Anwendungen auf dem Weg zur Serienreife.