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In wirtschaftlich wie politisch unruhigen Zeiten setzen Deutschlands Fach- und Führungskräfte auf ihr stabiles Wertegerüst in der Führungsarbeit - und postulieren vor allem Vertrauen und Verantwortung als notwendige Erfolgsparameter für erfolgreiches und nachhaltiges Handeln. Als Konsequenz der fortschreitenden Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft fordern die Führungskräfte auch Mut als Treiber von Führungsverhalten ein. Das zeigt die diesjährige Führungskräftebefragung der Wertekommission - Initiative Werte Bewusste Führung e.V.
Seit 2005 misst die Institution regelmäßig den "Wertepuls" von Führungskräften in Deutschland und fragt nach, an welchen Werten diese ihr Handeln ausrichten und welche Werte sie in Unternehmen einfordern. Die Studie wurde gemeinsam von der Wertekommission und der TUM School of Management der TU München durchgeführt. Teilgenommen haben 571 Führungskräfte aus Deutschland, davon rund 80 Prozent aus dem mittleren und oberen Management. Neben den sechs individuellen Kernwerten (Verantwortung, Vertrauen, Integrität, Respekt, Nachhaltigkeit und Mut), welche die Wertekommission regelmäßig erhebt, wurden erneut persönliche Präferenzen in Bezug auf zentrale Unternehmenswerte erfasst. Ein weiterer Fokus in der diesjährigen Befragung lag auf den Herausforderungen des digitalen Wandels und der Frage, wie diese von Führungskräften der deutschen Wirtschaft wahrgenommen und eingeschätzt werden.
Langfristtrends bleiben intakt: Vertrauen, Verantwortung, Integrität
Mit Blick auf die individuellen Kernwerte bleiben die Langfristtrends - aller politischen und gesellschaftlichen Aufregung des vergangenen Jahres (z.B. Brexit) zum Trotz - intakt: Vertrauen und Verantwortung wurden erneut als die wichtigsten Werte eingeschätzt. Diese Werte stehen auch beim digitalen Wandel im Vordergrund. Hinsichtlich der präferierten Unternehmensziele bestätigt sich der Trend aus den letzten Jahren: Führungskräfte legen großen Wert auf Zusammenhalt und Teamwork gepaart mit dem Streben nach Kreativität und Innovation.
Ein Schwerpunkt der diesjährigen Befragung waren die Herausforderungen der Digitalisierung. Hier ist das Stimmungsbild der Führungskräfte bemerkenswert positiv: Die Befragten sehen im digitalen Wandel sehr viel mehr Chancen als Risiken - vor allem, wenn es um den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Möglichkeiten für deutsche Unternehmen geht. Allerdings ist den Befragten sehr wohl klar, dass der digitale Wandel auch Unsicherheiten und offene Fragen mit sich bringt, gerade wenn es um die Arbeitswelt bzw. die Situation vieler Beschäftigten in Deutschland geht.
Während die Führungskräfte mit Blick auf sich selbst, den Wirtschaftsstandort sowie das eigene Unternehmen optimistisch in die Zukunft schauen, betonen sie zugleich die Notwendigkeit, dass die Gesellschaft als Ganzes sowie die Arbeitswelt noch besser auf diese Herausforderung vorbereitet werden müssen.
"Digitalisierungs-Drift" im Wertekanon
So wie die Digitalisierung die Wirtschaft verändert, so verändert sie auch die Wertekoordinaten für Führung. Die diesjährige Befragung zeigt erstmals einen "Digitalisierungs-Drift": Dem Wert "Mut" (zur Veränderung, zur Auseinandersetzung mit dem Thema etc.) kommt als Führungsprinzip eine leicht höhere Bedeutung zu - ein ermutigendes Indiz dafür, dass Deutschlands Führungskräfte eine immer digitaler geprägte Wirtschaft auch als Chance begreifen.
Gleichzeitig treten bei den Führungskräften quer durch die vertretenen Branchen und Industrien unterschiedliche Einschätzungen zu den Auswirkungen des digitalen Wandels zutage. Zwar wird insgesamt eine Steigerung der individuellen Leistungsfähigkeit erwartet, Skepsis besteht insbesondere in Hinsicht auf die Work Life Balance, soziale Bindungen und persönliche Einflussnahme in Prozesse und Entwicklungen.
"Die fortschreitende Digitalisierung und deren Chancen lässt Manager in Deutschland wieder mutiger werden. Trotz allem digitalen Wandel bleiben jedoch Vertrauen und Verantwortung die wichtigsten Werte im Unternehmensalltag", erklärt der Vorsitzende des Vorstands der Wertekommission, Sven H. Korndörffer.
Wahrgenommene Werte im Unternehmen
Frühere Befragungen haben eindeutig ergeben, dass Führungskräfte heute ihre Arbeitgeber zum wesentlichen Teil danach aussuchen, ob die dort propagierten Unternehmens- und Führungswerte auch gelebt werden. Bei deutlichem Widerspruch zwischen dem eigenen Werteverständnis und den im Unternehmensalltag erlebten Werten verabschieden sich vor allem erfolgreiche Führungskräfte mehrheitlich, indem sie den Arbeitgeber wechseln.
Entsprechend zentral ist die Frage, wie die Führungskräfte Werte im Unternehmensalltag wahrnehmen. Hier legen Führungskräfte - vergleichbar zur Befragung im Vorjahr - großen Wert auf Zusammenhalt und Teamwork gepaart mit dem Streben nach Kreativität und Innovation. Aspekte der Internen Stabilität im Unternehmen haben im Jahresvergleich an Bedeutung gewonnen - eine Folge der steigenden wirtschaftlichen Unsicherheit in Bezug auf weltpolitische Entwicklungen.
Im Unternehmensalltag nehmen die Führungskräfte die Bedeutung dieser Themen zwar jeweils wahr, allerdings in geringerem Maße - was auch deutlich als (Selbst)Kritik an die Unternehmen formuliert wird.
Insgesamt bestätigt dieses Muster damit einen wichtigen Befund aus der Forschung zur Unternehmenskultur: Während einzelne Führungskräfte Präferenzen für bestimmte Wertedimensionen aufweisen, müssen Unternehmen als Ganzes alle vier Wertebereiche angemessen balancieren, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Sowohl eine anhaltende Überbewertung als auch die Vernachlässigung einzelner oder mehrerer Wertebereiche können zu Ineffizienz führen. Eine zu starke Gewichtung von Flexibilität kann zu Chaos führen; ein zu starker Fokus auf Stabilität zu Rigidität. Ein allein interner Fokus vernachlässigt die Anforderungen externer Stakeholder bzw. des Marktes, während ein allein externer Fokus die Kooperation aus den Augen verliert.
"Die Digitalisierung geht mit persönlichen Herausforderungen für Führungskräfte einher. Um so wichtiger wird es in Zukunft sein, dass Unternehmen ihre Werte mit den Erwartungen der Führungskräfte abgleichen", sagt Vorstandsmitglied Prof. Dr. Ludger Heidbrink.